„Warum singen wir hier immer von Gott?“ platzt es aus Anne* heraus. Schon vorher hatte ich beobachtet, wie es in ihr arbeitet. Falten auf der Stirn. Unruhiges Zappeln auf dem Stuhl. Nun war es heraus. Und ich auf der Suche nach einer guten Antwort gefordert. „Weil wir hier bei Kirchens sind“, wäre keine gute Antwort. So als wäre es nur da wichtig Gott zu loben oder Ihm Raum zu geben.
Die Frage hat mich getriggert. Warum Gott? Warum Gott für Kinder? Warum Gott bei Kirchens und im Alltag: Warum Gott? Ist das mit dem Glauben und Gott nicht sehr fragwürdig?
Ja, ist es! Es ist „frag“-würdig! Es ist durchaus wichtig und im tiefsten Sinne würdig über diesen Gott nachzudenken. Denn was über ihn berichtet wird, ist großartig, unfassbar großartig. Besonders zu Weihnachten wird mit Überzeugung und unerschrocken erzählt: Gott ist da! Gott ist nah! Nicht in den Höhen des Himmels suchen. Nicht weltabgewandt. Nicht weltfremd. Sondern ganz nah. So nah, dass Ochs und Esel ihren wärmenden Atem über ihn pusten können. So nah, dass Schaf und Ziege an ihm schnuppern können.
Ist das nicht dreist und frech, so über Gott zu erzählen? Der Schöpfer des Weltalls zum Anfassen im Stall! Nein. Das ist so schön, so berührend, so menschenwürdig, dass ich anbetend niederknie. Gott zum Anfassen. Berührbar und somit auch verwundbar. Zum Herzen und Liebhaben.
Darum kann diese Geschichte zu Weihnachten auch nur mit Sterngefunkel und Engelsgesang erzählt werden. Mit bewegten Hirten, die ihre Schafe allein lassen und Weisen, die hunderte Kilometer reisen, das zu sehen. Mit Josef, der zum besten Adoptivvater wird und Maria, die Mutter Gottes. Und ein neugeborenes Kind. Wie unsagbar schön und bewegend. Da jubelt Herz und Mund. Ach ja, Mund. Da war doch noch die Frage: „Warum singen wir hier immer von Gott?“
Liebe Anne*, weil es die schönste und reinste Wahrheit ist, dass Gott uns so nah kommt, dass wir ihn in einem Kind entdecken können. Darüber muss ich immer singen. Allein und am allerliebsten mit euch hier im Chor!
*Name geändert